12 transcripted pages
Chapter 1 Page 1Title page with a copper engraving in
profile of King Frederick William II
of Prussia:
the legend above the portrait reads:
"Friedrich Wilhelm der Gesetzgeber"
Allegorical engraving of Justitia
[by the engraver] Daniel Berger 1792
Chapter 1 Page 2Allgemeines
LANDRECHT
für die
PREUSSISCHEN STAATEN
_________
Erster Theil
_____________
Zweite Auflage
_____________________
Berlin, 1794
bei Gottfried Carl Nauck.
Chapter 1 Page 3399
[...]
7) Verlagsverträge §. 996. Das Verlagsrecht besteht in der Be-
fugnis, eine Schrift durch den Druck zu verviel-
fältigen, und sie auf Messen, unter die Buch-
händler und sonst, ausschließend abzusetzen.
§. 997. Nicht bloß Bücher, sondern auch
Landkarten, Kupferstiche, topographische Zeich-
nungen, und musikalische Kompositionen, sind ein
Gegenstand des Verlagsrechtes.
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§. 998. In der Regel erlangt der Buchhändler
das Verlagsrecht nur durch einen mit dem Ver-
fasser darüber geschlossenen schriftlichen Vertrag.
§. 999. Ist dergleichen schriftlicher Vertrag
nicht errichtet, die Handschrift jedoch von dem
Schriftsteller abgeliefert worden: so gilt die münd-
liche Abrede zwar in Ansehung des dem Verfas-
ser versprochenen Honorars; in allen übrigen
Stücken aber sind die Verhältnisse beider Teile
lediglich nach den gesetzlichen Vorschriften zu be-
urteilen.
§. 1000. Der Verfasser ist schuldig, den schrift-
lichen Vertrag durch Lieferung der Handschrift
zu gehöriger Zeit zu erfüllen.
§. 1001. Tut er dies nicht, so kann der
Verleger von dem Vertrage wieder abgehen.
§. 1002. Ist die Zeit, wenn die Handschrift
geliefert werden soll, im Vertrage nicht bestimmt,
so wird angenommen, dass dieselbe dergestalt ge-
liefert werden solle, damit der Verleger die Schrift
noch auf die nächste Leipziger Messe bringen könne.
§. 1003. Erhellet aus der Größe oder dem Um-
fange des Werkes, oder aus der kurzen Zwischen-
zeit bis zur Messe, oder aus andern Umständen,
dass dem Schriftsteller eine längere Zeit gestattet
sein soll, so hängt die nähere im Kontrakt
nicht enthaltene Bestimmung von dem Schrift-
steller ab.
§. 1004. Doch kann derselbe von dem Verle-
ger angehalten werden, eine gewisse Zeit zu be-
stimmen oder sich den Rücktritt von dem Kon-
trakte gefallen zu lassen.
§. 1005. Ereignen sich Umstände oder Hin-
dernisse, welche den Verfasser veranlassen, das
versprochene Werk gar nicht herauszugeben, so
kann er von dem Vertrage zurücktreten.
Chapter 1 Page 5Von Verträgen über Handlungen. 401
§. 1006. Er muss aber dem Verleger den Scha-
den ersetzen, welcher demselben aus dem zum
Abdrucke etwa schon getroffenen, und durch den
Rücktritt unnütz werdenden Anstalten, wirklich
entsteht.
§. 1007. Gibt aber der Schriftsteller das einem
Verleger versprochene Werk innerhalb Jahresfrist
nach dem Rücktritte, ohne Vorwissen und Ein-
willigung desselben, in einem andern Verlage,
oder auf eigene Rechnung heraus, so muss er dem
ersten Verleger auch für den entgangenen Gewinn
gerecht werden.
§. 1008. Findet der Schriftsteller nötig, in
Ansehung des Umfangs, oder der Einrichtung
des Werks, Veränderungen noch vor dem Drucke
zu machen, so hat der Verleger die Wahl, sich
dieselben gefallen zu lassen, oder von dem Ver-
trage wieder abzugehen.
§. 1009. Macht aber der Schriftsteller derglei-
chen Veränderungen nach bereits angefangenem
Drucke, ohne die Einwilligung des Verlegers,
so haftet er dem Verleger für allen daraus entste-
henden Schaden.
§. 1010. Wegen der Fälle, wo die Erfüllung
des Verlagsvertrages einem oder dem andern
Teile unmöglich wird, hat es bei den Vor-
schriften des §. 879 sqq. sein Bewenden.
§. 1011. Wenn ein neuer unveränderter Ab-
druck einer Schrift in demselben Formate ver-
anlasst wird, so heißt solches eine neue Auflage.
§. 1012. Wenn aber eine Schrift in veränder-
tem Formate, oder mit Veränderungen im In-
halte, von neuem gedruckt wird, so wird solches
eine neue Ausgabe genannt.
§. 1013. Ist im Verlagsvertrag die Zahl der
Exemplare der ersten Auflage nicht bestimmt, so
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steht es dem Verleger frei, auch ohne ausdrück-
liche Einwilligung des Verfassers, neue Auflagen
zu veranstalten.
§. 1014. Ist aber die Zahl bestimmt, so muss
der Verleger, wenn er eine neue Auflage machen
will, sich darüber mit dem Schriftsteller oder des-
sen Erben anderweit abfinden.
§. 1015. Können die Parteien sich darüber
nicht vereinigen, so dient die Hälfte des für die
erste Auflage gezahlten Honorars zum Maßstab.
§ 1016. Hingegen erstreckt sich das Verlags-
recht in der Regel, und wenn nicht in dem ge-
schlossenen schriftlichen Vertrage ein Anderes ver-
abredet ist, nur auf die erste Ausgabe des Werks,
mit Inbegriff aller fernern Teile und Fortsetzun-
gen desselben.
§. 1017. Der erste Verleger kann also niemals
eine neue Ausgabe machen, ohne mit dem Schrift-
steller einen neuen Vertrag darüber geschlossen zu
haben.
§. 1018. Dagegen kann auch der Schriftsteller
keine neue Ausgabe veranstalten, so lange der
erste Verleger die von ihm nach §. 1013, 1014,
rechtmäßig veranstalteten Auflagen noch nicht
abgesetzt hat.
§. 1019. Können Verfasser und Buchhändler
sich wegen der neuen Ausgabe nicht vereinigen,
so muss ersterer, wenn er dieselbe in einem an-
dern Verlage herausgeben will, zuförderst dem
vorigen Verleger alle noch vorrätigen Exemplare
der ersten Ausgabe, gegen bare Bezahlung des
Buchhändler-Preises, abnehmen.
§. 1020. Das Recht des Verfassers, dass ohne
seine Zuziehung keine neue Ausgabe veranstaltet
werden darf, geht, wenn nicht ein Anderes aus-
Chapter 1 Page 7Von Verträgen über Handlungen. 403
drücklich und schriftlich verabredet worden,
auf seine Erben über.
§. 1021. Vorstehende Einschränkungen des Ver-
lagsrechts zum Besten des Schriftstellers fallen
weg, wenn der Buchhändler die Ausarbeitung
eines Werks nach einer von ihm gefassten Idee
dem Schriftsteller zuerst übertragen, und dieser
die Ausführung ohne besondern schriftlichen Vor-
behalt übernommen; oder wenn der Buchhänd-
ler mehrere Verfasser, zur Ausführung einer sol-
chen Idee, als Mitarbeiter angestellt hat.
§. 1022. In diesen Fällen gebührt das volle
Verlagsrecht vom Anfang an dem Buchhändler,
und der oder die Verfasser können sich auf fer-
nere Auflagen und Ausgaben weiter kein Recht
anmaßen, als was ihnen in dem schriftlichen
Vertrag ausdrücklich vorbehalten ist.
§. 1023. Anmerkungen zu Büchern, worauf
ein Anderer das Verlagsrecht hat, besonders ab-
zudrucken, ist erlaubt. Mit dem Werke selbst
aber können dergleichen Anmerkungen, ohne
Einwilligung des Verfassers und seines Verlegers,
nicht gedruckt, noch in den Königlichen Landen
verkauft werden.
§. 1024. Niemand darf, ohne Einwilligung
des Verfasser und seines Verlegers, einzelne ge-
druckte Schriften in ganze Sammlungen aufneh-
men, oder Auszüge daraus besonders drucken
lassen.
§. 1025. Wohl aber können Auszüge aus
Schriften in andere Werke oder Sammlungen auf-
genommen werden.
§. 1026. Neue Ausgaben ausländischer Schrift-
steller, welche außerhalb des Deutschen Reichs,
oder der Königlichen Staaten, in einer fremden
Chapter 1 Page 8404
Sprache schreiben, und deren Verleger weder die
Frankfurter noch die Leipziger Messe besuchen,
können nachgedruckt werden, in so fern der
Verleger darüber kein hiesiges Privilegium er-
halten hat.
§. 1027. Übersetzungen sind in Beziehung
auf das Verlagsrecht für neue Schriften zu achten.
§. 1028. Das Veranstalten einer neuen Über-
setzung durch einen andern Übersetzer ist kein
Nachdruck der vorigen.
§. 1029. Wenn keine Buchhandlung, welche
auf die neue Ausgabe eines Buchs ein Verlagsrecht
hat, mehr vorhanden, und auch das Recht des
Schriftstellers nach §. 1020. erloschen ist, so steht
jedem frei, eine neue Ausgabe des Werks zu
veranstalten.
§. 1030. Sind jedoch in diesem Falle noch Kin-
der ersten Grads von dem Verfasser vorhan-
den, so muss der neue Verleger, wegen der zu
veranstalteten Ausgabe, mit diesen sich
abfinden.
§. 1031. Übrigens gilt zwischen diesem neuen
Verleger, und dem Schriftsteller, welcher die
neue Ausgabe besorgt, alles das, was bei neuen
Werken verordnet ist.
§. 1032. Auch der Nachdruck solcher Ausga-
ben ist unter eben den Umständen unerlaubt, un-
ter welchen der Nachdruck eines neuen Werks
nach obigen Vorschriften nicht statt findet.
§. 1033. In so fern auswärtige Staaten den
Nachdruck zum Schaden hiesiger Verleger gestat
ten, soll letzteren gegen die Verleger in jenen
Staaten ein Gleiches erlaubt werden.
§. 1034. Wer Bücher und Werke, deren
Nachdruck nach vorstehenden Grundsätzen un-
erlaubt ist, dennoch nachdruckt, muss den recht-
mäßigen Verleger entschädigen.
Chapter 1 Page 9405
§. 1035. Diese Entschädigung besteht in dem
Ersatz des Honorars, welches der rechtmäßige
Verleger dem Verfasser bezahlt hat, und der meh-
reren Kosten, welche derselbe wegen bessern Drucks
und Papiers, gegen den Nachdruck gerechnet,
auf die rechtmäßige Auflage verwendet hat.
§. 1036. Übrigens sollen unerlaubte Nach-
drücke in hiesigem Lande, bei Vermeidung der
Konfiskation, nicht eingeführt, und unbefugte
Nachdrucker nach näherer Bestimmungen des Kri-
minalrechts ernstlich bestraft werden. (Th. II.
Tit. XX. Abschn. XIV.)
[...]
Chapter 1 Page 10ALLGEMEINES
GESETZBUCH
für die
PREUSSISCHEN STAATEN,
_________
Dritter Band.
Chapter 1 Page 11
Von Eigennutz und Betrug. 1359[...]
[Heading in margin:] 6) Büchernachdruck.
§. 1294. Bücher, auf welche ein Königlicher
Unterthan das Verlagsrecht hat, soll niemand nach-
drucken.
§. 1295. Hat der rechtsmäßige Verleger ein aus-
drückliches Privilegium erhalten: so hat der Nach-
drucker eines Buchs, welchem ein solches Privile-
gium vorgedruckt, oder dessen Inhalt auf oder hin-
ter dem Titelblatte bemerkt ist, die in dem Privi-
legio angedrohte Strafe verwirkt.
§. 1296 a) Findet die Strafe aus einem beson-
dern Privilegio nicht statt: so soll dennoch der
Nachdruck auf den Antrag des rechtmäßigen Ver-
legers confiscirt, und zum Verkauf unbrauchbar
gemacht; oder dem Verleger, wenn er es verlangt,
überlassen werden.
§. 1296 b) Es muß aber, in diesem letztem
Falle, der rechtmäßige Verleger, wenn er den
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1360. Zweyter Theil. Zwanzigster Titel.Nachdruck übernehmen will, die von dem Nach-
drucker darauf verwendeten Auslagen demselben
auf die zu leistende Entschädigung anrechnen, oder
so weit sie dazu nicht erforderlich sind, an die Straf-
casse herausgeben.
§. 1297 a) So weit der Nachdruck selbst ver-
boten ist, darf auch niemand, bey gleicher Strafe,
mit auswärts nachgedruckten Büchern Handel
treiben.
§. 1297 b) Buchbinder dürfen des Handels mit
ungebundenen Büchern, und bloß gehefteten
Schriften, bey Strafe der Confiscation des Werks,
und des für schon verkaufte Exemplare gelöseten
Werths, sich nicht anmaßen.
§. 1297 c) Ein Verfasser kann seine für eigne
Rechnung gedruckten Schriften zwar durch sich
selbst, oder auch durch Andere verkaufen; es darf
aber dergleichen Verkauf nicht in einem öffentli-
chen Laden, und an Orten, wo Buchhändler sind,
nicht durch Buchbinder geschehen.
§. 1297 d) Uebertretungen dieser Vorschrift
werden ebenfalls mit der Strafe der Confiscation
nach §. 1297 b) geahndet.
[...]
Transcription by: Friedemann Kawohl